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Ecuador

 

 

 

18.10.2011                 Kilometerstand:  5 000 km  (am Äquator)                   Höhe in Quito:  2 923 m

Äquator

Äquator bei Cayambe

Navi am Äquator

Navi am Äquator

 

Am frühen Nachmittag überfahren wir den Äquator zunächst völlig unbemerkt. Erst auf dem Navi erkenne ich, dass wir bereits auf der südlichen Halbkugel unterwegs sind. Also wenden wir und fahren noch einmal einen Kilometer zurück um das obligate Foto zu schießen. Nach zweistündiger Fahrt auf perfekten Straßen in beeindruckender Kulisse der Bergwelt erreichen wir gegen 15 Uhr Quito. Als wir am Stadtrand anhalten um uns an Hand einer Zeichnung zu orientieren, hält Günther im Auto vor uns. Er hat unsere Footprints im Internet verfolgt, kann so unsere Ankunft abschätzen, uns abfangen und zu seiner Wohnung begleiten, wo er und Irene uns auf’s Herzlichste willkommen heißen. Eine hervorragende Idee, denn sonst hätten wir unser Ziel in diesem Moloch von Großstadt  sicher nur mit großer Verzögerung erreicht.

Blick auf den Cotopaxi von Irenes und Günthers Wohnung in Quito

Blick auf den Cotopaxi von Irenes und Günthers Wohnung in Quito

Leider hat Edith seit einigen Tagen schon bei geringer Belastung kardiale Probleme. Das wirft unsere gesamte Planung über den Haufen, denn die Diagnose ist klar und an eine Weiterfahrt nicht zu denken. Irenes und Günthers Hausarzt Dr. Pancho ist Kardiologe. Er hat in Würzburg studiert und promoviert, spricht daher perfekt deutsch und ist mir von früheren Arztbriefen bekannt. Bei ihm lassen wir die zur primären Abklärung notwendigen Untersuchungen durchführen. Obwohl man die nötige Intervention auch in Quito durchführen könnte, entschließen wir uns zur unverzüglichen Rückkehr, die wir am 20.10. antreten. Zwei Tage später wird dieser Eingriff in Erlangen erfolgreich durchgeführt und Edith ist wieder beschwerdefrei. Ich fliege am 31.10. nach Quito zurück und setze den nächsten Abschnitt der Tour zunächst einmal allein fort in der Hoffnung, dass ich spätestens ab Ende Februar, ab Buenos Aires, vielleicht aber schon nächsten Monat ab Santiago de Chile, wieder mit meiner Sozia weiterfahren kann.

31.10.2011                              Kilometerstand:   5 085 km

Mit fast zweistündiger Verspätung landet die Maschine aus Bogotá kommend in Quito. Ein echtes Geduldspiel für Irene und Günther, die mich um 1.30 Uhr früh vom Flughafen abholen, was uns aber nicht daran hindert am frühen Morgen zur Finca aufzubrechen, die etwa 80 km nordwestlich von Quito liegt, die Beiden im Jeep, ich mit dem Motorrad. Auf dem Weg dort hin überqueren wir nochmals den Äquator, diesmal am „Midad del Mundo“, der mich irgendwie an ein Völkerschlachtdenkmal erinnert. Weiter geht’s bei schönem Wetter durch eine dicht bewaldete Berglandschaft. Als wir die Finca erreichen zieht Nebel auf, der den Blick auf das schöne Bergpanorama verwehrt.

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Irenes und Günthers Finca

Irenes und Günthers Finca

Kolibris

Kolibris an der Zuckertränke

Trotzdem unternehmen wir einen Spaziergang durch den Nebelwald. Obwohl es nicht regnet ist die Luft erfüllt vom Klang millionenfach fallender Tropfen, die der kondensierende Nebel auf den Blättern bildet. Auf einer Fläche von etwa 2000 qm stehen das Wohnhaus, ein kleineres Haus für den Verwalter und ein kleiner Stall für neugeborene Kälber. Rund um das Haus hängen zahlreiche Vogeltränken mit Zuckerwasser, an denen hunderte  verschiedener Kolibris Ihren Energiehaushalt decken. An diesem bunten unt lebhaften Treiben kann ich mich gar nicht satt sehen. Nachts bilden kleine Frösche mit einem metallisch klingenden Klicken eine ungewohnte Geräuschkulisse.

1.11.2011                           Kilometerstand:  5 172  km                         Höhe:   2 005 m

Ein herrlich sonniger Morgen. Ein fantastisches Panorama bietet sich als wir noch vor dem Frühstück zum Nachbarn Udo fahren, von dessen Wohnhaus der Blick auf die Bergwelt nicht durch Bäume verstellt wird. Günthers 200 ha große Finca besteht im Wesentlichen aus mit dichtestem Urwald bewachsenen, steilen Berghängen, unterbrochen von wenigen kleinen Weideflächen, auf denen er etwa 80 Rinder hält, wovon 40 Milchkühe sind. Die Milch wird täglich mit einem Tankwagen abgeholt. Von dem Preis, den Nestlé für die Milch bezahlt, etwa 45 Eurocent , können deutsche Bauern nur träumen. Nach dem Frühstück, das aus vielerlei tropischen Früchten besteht, mache ich mit Günther eine Fahrt auf einem Urwaldtrail, auf dem wir die „Bellavista“ Farm erreichen, ein Projekt für Ökotourismus. Einer der Angestellten zeigt uns einen Potoo, einen Vogel von dem ich bis dahin noch nie gehört hatte. Die Tarnung dieses Vogels ist so perfekt, dass man ihn nicht ausmachen kann, sofern man nicht zuvor ein Bild von ihm gesehen hat (bei Wikipedia unter Urutau-Tagschläfer nachzusehen!) Er sitzt typischerweise an einem kahlen Baumstamm von etwa Armdicke und schmiegt sich so eng an den Stamm, dass man ihn für das obere Ende des Baumes hält, dessen Farbe auch sein Federkleid entspricht. Nach kurzer Siesta geht’s wieder zurück nach Quito.

2.11.2011                       Kilometerstand:   5 237  km

Bei schönem Wetter verlasse ich Quito über die Cordillera Oriental wobei ich den über 4 000 m hohen Papallacta-Pass überquere. Die Temperatur sinkt von 25 auf 7°C, und das am Äquator! Bis zum etwa 200 km entfernten Vulkan Reventador und dem San Rafael Wasserfall komme ich bis mich immer dichter werdender Nebel und beginnender Regen zur Umkehr zwingen. Die Straße führt durch eine Gebirgslandschaft, die von dichtem Urwald bedeckt ist. Kurz vor dem Ziel, bei Cumbaya, erfahre ich was Regenzeit in den Tropen bedeutet. Nach schweren Wolkenbrüchen kommen reißende „Flüsse“ von den Bergen über die Straße geschwappt, die an vielen Stellen knietief sind und jede Menge Unrat vom Straßenrand mitreißen. Ich werde nicht von vorn oder oben nass sondern von der Seite, durch LKWs oder auch PKWs die sich ihren Weg durch diese Wassermassen bahnen. Die anschließende heiße Dusche bringt die Lebensgeister wieder zurück und so bin ich wieder fit abends mit Irene, Verónica, Günther und Oswaldo auszugehen. Oswaldo hat ein Lokal hoch über den Dächern der wirklich ganz bezaubernden Altstadt ausgesucht in dem wir fantastisch dinieren.

3.11.2011

Abschied von Quito

Abschied von Quito

So, heute heißt es definitiv Abschied nehmen von Quito, von Irene und Günther, bei denen ich mich an dieser Stelle noch einmal für Alles bedanken möchte was sie uns ermöglicht und für uns getan haben. Nachdem ich Oswaldo gestern Abend das deutsche Sprichwort erklärt habe, „mit Besuch ist es wie mit Fisch, nach 3 Tagen beginnt er zu stinken!“, wird es ja auch höchste Zeit Eure Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch zu nehmen! Verónica und Oswaldo haben mich heute Morgen abgeholt und bis weit über den Stadtrand hinaus begleitet. Oswaldo hat in Baños, wohin ich heute fahre, ein Zimmer auf der Estancia Dulcelina reserviert. Eigentlich wollte er mich ja bis dorthin begleiten. Ich vermute aber, dass Verónika ihn nicht mehr gelassen hat, nachdem sie auf der Website gesehen hat wie die „Dulcelina“ aussieht!  Auch an Euch noch einmal meinen herzlichsten Dank. Die Fahrt nach Baños führt von Quito auf der „Panamericana Sur“, der Straße der Vulkane, nach Ambato, auf einer Hochebene zwischen 2600 und 3600 Metern. Nach anfänglich sehr zügiger Fahrt beginnt der Verkehr zu stocken und schließlich stillzustehen. Ursache hierfür sind ausgedehnte Baustellen und der Ferienbeginn in Ecuador. Zwischen Ambato und Baños geht gar nichts mehr. Als Motorradfahrer hat man jedoch Narrenfreiheit, man darf mit ausdrücklicher Duldung der Polizei sogar die Gegenfahrbahn benutzen. Die Estancia ist ganz hübsch gelegen, oberhalb des Ortes an einem Berg in sehr ruhiger Lage. Nach dem Sprung in den Swimmingpool habe ich mir die Speisekarte angesehen und beschlossen mit dem Moto in den 3 km entfernten Ort zu fahren um Pauls Tipp, die „Posada del Arte“ auszuprobieren. Ich hab’s nicht bereut! (für Paul: es gab Aguacate Vinagreta, Bocaditos de yuca, Camarone Creole y una Cerveza grande, la segunda „para llevar“, weil ich mit dem Moto da war!) So und dieses Bier trinke ich gerade und beende den Bericht hiermit. Ich habe vor morgen weiter nach Macas und von dort nach Quenca zu fahren.

4.11.2011                                    Kilometerstand:   5 824 km

Geplante Abfahrt kurz nach 8 Uhr. Ich starte mit fast einstündiger Verzögerung wegen panischer Suche nach dem Reisepass, den ich schließlich auf dem tiefsten Grund meiner Hecktasche finde, wo er wirklich nichts verloren hat. Danach entspannte und zügige Fahrt auf gut asphaltierter Straße in östlicher Richtung nach Puyo und von dort nach Macas. Kurz vor Limón hatte der Fluss eine Brücke weggerissen und so muss ich durch den knietiefen ziemlich reißenden Fluss schippern. Ich will in Plan de Milagro rechts abbiegen nach Gualaceo und weiter nach Quenca. Vielleicht war es ein Fingerzeig Gottes, dass ich da einfach vorbei rausche, weil natürlich, wie so oft in Südamerika, entsprechende Hinweisschilder fehlen. Einige Kilometer später frage ich dann nacheinander zwei Campesinos und bekomme erwartungsgemäß zwei unterschiedliche Wege erklärt. Auf jeden Fall kehre ich um und finde schließlich die Piste nach Gualaceo.

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Es ist eine Schotterpiste der gröberen Art, aber zunächst durchaus zu meistern. Sie windet sich erst noch in sanften Schwüngen, bald jedoch enger werdenden Kehren nach oben, wie das eben so ist wenn man einen Pass überqueren muss. Schotter wechselt mit lehmigem Untergrund. Als es dann auch noch anfängt zu regnen, Wetterleuchten Unheil verkündet, der Lehm tiefer und schmieriger wird und die Fuhre immer wieder Anstalten macht ins Schlingern zu geraten, fasse ich den weisen Entschluss umzudrehen und mir diese 70 km nicht mehr anzutun. Gualaquiza heißt mein neues Ziel. Die ersten Kilometer sind asphaltiert, der Rest von etwa 70 km ist eine mehr oder minder üble Urwaldpiste, die aber, im Gegensatz zu Vorherigen, ganz gut zu befahren ist, da es kaum Steigungen gibt. Als letztes „Schmankerl“ vor dem Asphalt muss ich noch über eine kleine provisorische Holzbrücke balancieren, beplankt mit unterschiedlich hohen etwa 20 cm breiten Brettern in Längsrichtung, von denen etliche fehlen.

Hängebrücke

Hängebrücke

Es geht stark auf 5 Uhr zu und ich hoffe , dass es in dem Kaff ein Hotel oder Hostal gibt. Es gibt, sogar mehrere! Ich nehme gleich das Erste mit dem viel versprechenden Namen „Hotel International“. Na wenigstens hat es WiFi. Nachdem ich mich über Skype zu Hause gemeldet habe, suche ich ein Restaurant. Da mir keines zusagt, gehe ich in einer Garküche am Marktplatz einen Hühnerschenkel mit gebratenen Kartoffeln essen, hat super geschmeckt. Mit „dos cervezas grandes“ saufe ich mir das Hotel noch schön um danach erschöpft in die Kissen zu sinken. Na wenigstens ist die Dame an der Rezeption so nett meinem Moto einen sicheren Parkplatz für die Nacht zu besorgen.

5.11.2011                                                     Kilometerstand:   6 233 km

Nachdem die Discomusik kurz nach 3 Uhr verstummt ist, geben seit 4 Uhr Früh sämtliche Hähne des Ortes ein Frühkonzert und so fällt es mir nicht sehr schwer um 6 Uhr aufzustehen und die „Hühner zu satteln“. Dafür entschädigt der heutige Tag mit gutem Wetter und perfekten Pisten. Zunächst geht es bis Zamora, wie gestern, durch dichten Urwald, aber auf Asphalt. Danach erfolgt der Anstieg über die östliche Kordillere Richtung Loja mit einen Pass von über 2800 m. Allmählich reißen die landwirtschaftlich genutzten Flächen immer größer werdende Lücken in den Urwald, so dass eine zunehmende Ähnlichkeit mit unseren Almen entsteht. Um an den Pazifik zu gelangen müssen noch die nicht ganz so hohe mittlere und die wesentlich kleinere westliche Kordillere überwunden werden. Nachdem mich heute bei der Überquerung der Anden den ganzen Tag schwarze Aasgeier begleiten mache ich mir schon ernsthafte Gedanken über meinen Fahrstil. Oder sollten sie meine Socken olfaktorisch erfasst haben, was ich mir aber gar nicht vorstellen mag. Wie auch immer, ich werde sie morgen wechseln. In der Grenzstadt Huaquillas, von wo aus ich morgen nach Peru fahren werde beziehe ich Quartier.

Über mir kreisende Geier

Über mir kreisende Geier

3 Kommentare

    • Sepp Prester auf 06.11.2011 bei 11:09

    Hallo Peter,
    Ich bin zufällig auf Deine Webseite gestoßen und habe mit Interesse Deinen Reisebericht gelesen. Das ist ja eine tolle Reise.
    Ich wünsche Dir noch viel Spaß und Glück und immer eine Handbreit Luft unter der Ölwanne.
    Viele Grüße aus Röttenbach
    Sepp Prester

    • Fritz Kastellan auf 07.11.2011 bei 13:05

    Lieber Herr Dr. Sperling,

    mit Bedauern habe ich von Ihnen lesen müssen, daß Ihre Gattin im Moment leider nicht mit Ihnen fahren kann. Ich habe Sie auch kurz hier in Hemhofen gesehen, hatte aber leider keine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen. Sollten Sie während Ihrer tollen Reise das Gefühl haben, es fährt doch jemand mit, so drehen Sie sich einfach um und Sie werden feststellen, daß ich, zumindest virtuell, hinter Ihnen herfahre. Die Reise kann man ja wirklich ganz toll über dieses „Spot-Tool“ verfolgen.
    Ich wünsche Ihnen noch ganz vieeeeeel Spaß und Freude auf der Tour und hoffe, daß Ihnen die vielen neuen Eindrücke ein wenig über das „Alleinsein“ hinweghelfen.

    Herzlichst Ihr

    Fritz Kastellan

  1. Hallo Peter,
    freut mich zu sehen, dass Du wieder unterwegs bist. Die Fahrt ist ja echt spannend und hat immer ‚ein wenig Abwechslung‘ bereit. Freut mich, dass Du ein so gutes Abendessen in Banos bekommen hast.
    Wie ich sehe hast Du den Canon de Pato auch schon hinter Dir, ich hoffe er hat richtig Spass gemacht – und der Slalom um die Schlaglöcher auf dem letzten Stück vor Huaraz war nicht so schlimm, für mich war er nervig.
    Wünsche Dir eine gute Zeit in der peruanischen Schweiz – hoffentlich mit ein paar wolkenfreien Tagen, die 6.000er sind sehr beeindruckend. Schau unbedingt im Inka Pub vorbei (schweizer Wirt und gutes Essen).
    Alles Gute weiterhin.

    Viele Grüße

    Paul

    PS: Viele Grüße und weiterhin alles Gute auch von Kathy

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