16.11.2015 Port Campbell – Mount Gampier
Die Landschaft auf dem küstennahen Weg nach Mount Gambier ist geprägt von riesigen Weideflächen mit Black Angus Rindern, immer wieder mal unterbrochen von als Windstopper wirkenden Baum- oder Buschreihen, wie auch kleineren Wäldern. Die 30 000 Einwohner zählende Stadt ist auf einem erloschenen Vulkan mit drei Kratern gebaut, die als Maare imponieren.
Ich denke ein günstiges Motel gebucht zu haben, als ich jedoch die angegebene Adresse erreiche, gibt es keinerlei Hinweis auf ein Motel, Hotel oder dergleichen, nicht mal eine Klingel, ein Namensschild oder ein anderer Hinweis. Ein edler Schuppen, das Tor verschlossen, es scheint niemand zu Hause zu sein. Ich klingle im Nachbarhaus, vergebens! Schließlich rufe ich die bei der Buchung angegebene Telefonnummer an und erfahre von einer freundlichen Stimme wie das Tor zu öffnen sei und wo ich den Zimmerschlüssel fände. Was ich drinnen vorfinde versöhnt mich wieder mit dem merkwürdigen Empfang, ein großzügiges, mit viel Liebe zum Detail eingerichtetes Zimmer mit Kamin und Balkon. Ein richtiges Juwel zum kleinen Preis.
Von meinem Quartier aus ist der Hauptkrater des Vulans, der „Blue Lake“, über die Bay Road in nur 5 Minuten erreichbar. Es ist den Wissenschaftlern noch immer ein Rätsel warum dieses Maar von November bis Februar eine tief blaue Färbung annimmt, während die beiden anderen Maare grau bleiben. Die Intensität der Blaufärbung ist wirklich beeindruckend.
Die sympathische Lady, die heute ein sagenhaft gutes und überreichliches Frühstück im B&B bereitet hat, erklärt mir, dass ich etwas zu früh gekommen sei um das wirklich magische Blau des „Blue Lake“ zu erleben, denn dafür brauche es noch ein paar warme Tage. Die Entstehung dieses intensiven Farbtones, meint sie, beruhe auf dem Zusammenspiel von Licht, Kristallen und aufsteigenden Strömungen in dem 200 Meter tiefen See. Eine nachvollziehbare Vorstellung, aber es sei eben „Magic“!
17.11.2015 Kilometerstand: 30 940 km Mount Gampier – Adelaide
Edith hat heute moniert, dass ich zu wenig über South Australia geschrieben habe und so zermürbe ich mir auf der Fahrt den Kopf, was man über eine so monotone Landschaft, in der sich riesige, saftig grüne Weideflächen nahtlos aneinander reihen, berichten kann. Natürlich könnte ich mich zum erstaunten Gesichtsausdruck der „Black Angus“ Rinder äußern, sie vielleicht auch fotografieren wenn sie mir verdutzt hinterher glotzen. Mitten in diese Überlegungen hinein, ohne jede Vorwarnung, ändert sich die Landschaft. Es folgen nicht enden wollende Weingärten. Die Blütezeit der Reben ist gerade beendet und winzige Träubchen beginnen sich gerade zu bilden. Um so erstaunter bin ich Stunden später, dass die Weiden, die den Duke Hwy danach wieder begleiten, spätsommerlich beige gefärbt sind. Sie werden auch nicht mehr von „Black Angus“ sondern von Schafen und gelegentlich von den offensichtlich weniger anspruchsvollen „Red Angus“ Rindern (wusste gar nicht, dass es die gibt!) bevölkert.
Seit der Ankunft in South Australia gibt es keinen Grund mehr sich über polare Kälte zu beschweren. Zeigt das Thermometer heute Morgen beim Start noch 17°C, so steigt es im Verlauf der Fahrt langsam aber stetig bis auf vorübergehend 37°C. Dabei bläst eine steife Brise, die das Fahren trotzdem erträglich macht. Nach 5 ½ Stunden erreiche ich mein Tagesziel, Adelaide, wo heute Waschtag ist, weshalb ich mir eine Apartment mit Waschmaschine und Trockner gesucht habe. Damit nichts schief geht, z.B. verfärbt, hole ich sicherheitshalber telefonisch Ediths Rat ein.
18.11.2015 Kilometerstand: 31 371 km Adelaide
Die Hauptstadt von South Australia macht mit ihren 1,2 Millionen Einwohnern einen beschaulich, gelassenen Eindruck. Benannt wurde sie nach Adelheid von Sachsen-Meiningen, die nach ihrer Hochzeit mit König William IV Adelaide heiß. Ihr Aufbau im Schachbrettmuster macht sie sehr übersichtlich, die ebene Anlage lädt ein sie mit dem Rad zu erkunden. Die Stadt macht auf mich einen sehr sympathischen Eindruck, aber ohne ihr Unrecht tun zu wollen, ich finde keine besonderen Highlights, nicht einmal im immer gut informierten „Reise Know-How“.
Mehr als 50 Kilometer nördlich gelegen besuche ich das bekannteste australische Weinbaugebiet, das Barossatal. Manche Namen und Ortsnamen deuten noch auf deutsche Wurzeln hin, die 27 lutherische Familien hier schlugen, nachdem sie 1842 aus Glaubensgründen Preußen und Schlesien verlassen hatten um Repressalien König Friedrich-Willhelms III zu entfliehen. Da ich mit dem Moto unterwegs bin verkneife ich mir eine Weinprobe, wie sie überall angeboten wird, genieße aber bei 40°C die hübschen, sauberen Örtchen, die palmengesäumten Sträßchen, die in der Umgebung von Seppeltsfield durch die Weingärten führen. Die „Whispering Wall“, eine Stauseewand, so genannt wegen ihrer speziellen Akustik, zu besuchen bleibt mir leider verwehrt.
19.11.2015 Kilometerstand: 31 515 km Adelaide – Port Augusta
Sanft hügelig ist die Landschaft nördlich von Adelaide. Gold-gelbe Weizenfelder bis zum Horizont, zum Teil schon abgeerntet, bilden die Kulisse auf dem dreihundert Kilometer langen Weg nach Port Augusta. Die einzige angenehme Unterbrechung dieser Szenerie bietet ein kilometerlanger, leuchtend weißer Salzsee in gleißender Sonne. Obwohl ich einige Male stehen bleibe gelingt es mir nicht so recht die besonderen Farben, die dieser See bietet, festzuhalten. Etwas weiter entfernt, wo noch keine Salzkruste die Wasseroberfläche bedeckt, präsentiert er sich rosa oder pink, vermutlich durch winzige kleine Krebschen, wie sie auch in anderen Salzseen vorkommen und die für die Rot- beziehungsweise Rosafärbung des Federkleides der Flamingos verantwortlich sind. Diese dekorativen Vögel sind das einzige was ich hier vermisse.
20.11.2015 Kilometerstand: 31 842 km Port Augusta – Port Lincoln
Ein strammer Südwind hat die gestrige Hitze erfolgreich vertrieben. Unendliche Kornfelder in sanft hügeliger Landschaft bestimmen 350 Kilometer lang das Bild der heutigen Fahrt. Es ist Erntezeit, Mähdrescher ziehen, gewaltig Staub aufwirbelnd, ihre Kreise und zahllose Roadtrains, schwer beladen mit der Ernte, donnern über den Highway. Als ich in meinem Motel in Port Lincoln eintreffe erkenne ich auch, dass das was aus der Ferne wie ein überdimensionaler griechischer Tempel der Athene aussieht riesige Getreidesilos sind, von denen aus die Frachter an der Jetty und die Roadtrains beladen werden. Außer dem “Del Giorno’s“, einem Restaurant „mit Award“, hat der Ort nichts wirklich Nennenswertes zu bieten. Einer Empfehlung folgend gehe ich dorthin um einen Tisch zu reservieren: „Two“, „No just one, unfortunately my wife left me 10 days ago!“ „oh so sorry, but we can change that for you!“ Ich kläre den sympathischen Kellner auf und bekomme einen bevorzugten Platz am Fenster mit Bayview.
21.11.2015 Kilometerstand: 32 196 km Port Lincoln – Streaky Bay
Am Landschaftsbild ändert sich zunächst ebenso wenig wie am gestrigen Wetter, bedeckter Himmel, 18 Grad, endlose Weizenfelder. Die Eyre Halbinsel scheint die Kornkammer Südaustraliens zu sein. Nach der Hälfte der Strecke lockern zahlreiche größere und kleinere Salzseen das Bild auf. Später führen immer wieder Abzweigungen mit lohnenden Aussichten vom Flinders Hwy zur Küste, zumal jetzt die Sonne die Wolken verdrängt hat. Ich bin die vier Stunden auf diesem Highway so gut wie allein unterwegs, vielleicht auch weil heute Samstag ist. Und so hat die kleine Echse, die mir schon einmal auf Magnetic Island begegnet ist und deren Namen ich nicht kenne, ganz gute Chancen die Straße unbeschadet zu überqueren. Allerdings nicht unbehelligt, denn ich möchte sie mir schon genauer ansehen. Ich nenne sie mal das „Vorne-so-wie-Hinten-Tier, denn, und das gehört zu ihrer Verteidigungsstrategie, das hintere Ende ist kopfartig verdickt, so dass ein potentieller Angreifer verunsichert wird und Schwierigkeiten hat sofort die richtige Entscheidung zu treffen. Erträgt sie meine Annäherung zunächst noch regungslos, so reißt sie als ich ihr zu nahe trete ganz gefährlich, ihre blaue Zunge präsentierend, den Rachen auf um bei nächster Gelegenheit rasch in den Busch zu flüchten. In der Shell Tankstelle, wo sonst, habe ich dann erfahren, dass diese in West- und Südaustralien relativ häufige Echse, die bis zu 40 cm lang wird und lebende Junge gebiert, unter den Namen Shingle Back oder auch Sleepy Lizzard bekannt ist. Aufgrund ihrer Angewohnheit sich bei Gefahr zunächst tot zu stellen fällt sie leider häufig dem Verkehr zum Opfer. In der gleichen Tankstelle ist ein präparierter „Weißer Hai“ ausgestellt, der im Jahre 1990 von einem einheimischen Jugendlichen mit einer Angel nach 5-stündigem schweren Kampf gefangen wurde. Er war 5 Meter lang und wog mit 1 520 kg, soviel wie ein Mittelklasseauto. Eine nahe Robbenkolonie ist für Haie sicher Grund genug sich in diesen Gewässern aufzuhalten.
Morgen geht es in die „Nullarbor Plain“. „Kein Baum Ebene“, abgeleitet aus dem Lateinischen. „Nulla arbor“ klingt ja einigermaßen banal und wird der Herausforderung, welche diese Halbwüste für den Motorradfahrer darstellt, in keiner Weise gerecht. Die englische Aussprache jedoch zollt jenen, die sie gemeistert haben, gehörigen Respekt. Die beiden ersten Silben fallen phonetisch fast unter den Tisch „nalla“ um der letzten Silbe das nötige Volumen zu verleihen, ein gedehntes „boaah“! Na dann bis Morgen.
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22.11.2015 Kilometerstand: 32 456 km Streaky Bay – Nullarbor Roadhouse
Der längste Golfplatz der Welt sei 1365 Kilometer lang. Ich dachte an einen Scherz als ich das von meinem Nachbarn in einem Motel auf Tasmanien erfuhr. Wie ich mittlerweile festgestellt habe stimmt das tatsächlich! Wo anders könnte sich dieser Platz befinden als in Australien in der „Nullarbor Plain“. Eine typische Aussie-Idee wie sie nur am Biertisch geboren wird. 2010 entstand ein 18 Loch, Par 72 Platz, der bei Kalgoorlie beginnt und in Ceduna endet, wobei man ihn natürlich auch anders herum bespielen kann. Auch wenn ich nicht Golf spiele, lasse ich es mir nicht entgehen diesen Platz in Ceduna zu besuchen.
Zunächst präsentiert sich die Landschaft wie von den vergangenen Tagen gewohnt, Weizenfelder, Weideflächen und Buschland, doch das ändert sich nach den ersten 200 Kilometern. Jetzt macht die Nullarbor Plain ihrem Namen alle Ehre, kein Baum weit und breit, nur niedriges Buschwerk von Heidekrauthöhe, „Blue Bush“ und „Salt Bush“, beide extrem resistent gegen Salzwasser und anhaltende Trockenheit. Dabei habe ich mir gestern schon ernste Sorgen gemacht ob des Wetterberichtes für diese Gegend, sehr starke Winde bis Beaufort 8 mit der Gefahr umherfliegender Äste vorhersagte! Vom Wind abgesehen ist das Wetter ausgesprochen schön und so lasse ich es gemütlich angehen und fahre alle markierten Stichpisten zum unweiten Meer an um die herrlichen Aussichten auf die Steilküste und das gletscherfarben im Sonnenlicht strahlende Südpolarmeer zu genießen. Schon am frühen Nachmittag erreiche ich das Nullabor Roadhouse, wo ich, nachdem ich mein Zimmer bezogen habe, natürlich auch dem Golf Course einen Besuch abstatte, den Course vom Abschlag bis zum Green abgehe und mich frage wie man in dem dichten Kraut das die Bahn umgibt und in dem es vor Schlangen wimmeln soll, den Ball wiederfindet. Ohne diese Frage abschließend geklärt zu haben verbringe ich den Abend in lustiger Runde mit Stephen, seiner Frau und zwei weiteren Ehepaaren aus Perth, die mit ihren drei Triumph 5 Oldies von einer Rallye rund um Melbourne zurück kommen
23.11.2015 Kilometerstand: 32 996 km Nullarbor – Balladonia Roadhouse
Der Wind hat sich gelegt, hervorragende Fahrbedingungen. Der Eyre Hwy ist, wie schon gestern, erstaunlich wenig befahren, dafür dass er die einzige Ost-West Verbindung Australiens ist, über die man von Perth aus nach Adelaide und zu den Großstädten der Ostküste gelangt. Es gibt nur wenige „Scenic Views“ anzufahren, aber auch das verkürzt die gefühlte Entfernung des heutigen Tages. Nach etwa 200 Kilometern erreiche ich Bordervillage, die Grenze zwischen South und Western Australia. Dass man hier in eine andere Zeitzone kommt sei am Rande erwähnt, aber das es hier eine Quarantänestation mit scharfen Grenzkontrollen gibt ist mehr als erstaunlich. Es geht wieder einmal um die Fruchtfliege. Die Inspektorin lässt die Familie mit Baby, im Caravan vor mir, alles öffnen und wird im großen Stil fündig, Obst, Nüsse, Körner und Samen aller Art und am Schlimmsten Honig. Die Babywindeln lässt sie in Ruhe. Vermutlich halten sich dort eher selten Fruchtfliegen auf, obwohl?! Ich werde von einem Officer kontrolliert. Was denn am südaustralischen Obst so schlimm sei, frage ich. Wir in Europa leben seit Jahrtausenden mit der Fruchtfliege, „no problem, the kitchen of my wife is a favorite habitat for fruit flies and we are fine with it.“ Er grinst nur, lässt den rechten Seitenkoffer öffnen und wird fündig! Hab‘ ich doch tatsächlich eine Banane vergessen wegzuwerfen, Fruchtfliegenfutter vom Feinsten! Er wirft sie in den Container und lässt mich laufen, „ride safe“!
Und schon war ich in Western Australia, unserer ersten und meiner letzten Station auf der Umrundung des Kontinents.
1 Kommentar
Lieber Peter,
sitze gerade vor Deiner SPOT Seite und sehe mit Bewunderung Deinen Tiefflug über die Nullarbor – tolle Leistung! Lief wohl wie am ‚Tempomat-Schnürchen‘ und Polente war auch nicht unterwegs 😉
Stelle mir den Ritt ziemlich eintönig vor, gleichwohl, nun hast Du die Wüste hinter Dir.
Aus Esperanca gibt es nach der Kathastrophenmeldung bei uns keine neuen Nachrichten mehr, hoffe, die haben das Feuer wieder im Griff.
Wünsche Dir weiter eine gute Fahrt.
Servus Paul
Viele Grüße von Kathy!
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